Friedhelm Schneidewind Language and Culture of the Rohirrim
Bericht von Noruiloth

Ein Vortrag von Alexandra Velten

Die gebürtige Hochheimerin Alexandra Velten berichtete uns über die Angelsachsen und die Rohirrim. Obwohl die freundliche, junge Frau aus Mainz nach Bonn gekommen war, wurde der Vortrag auf Englisch gehalten. Alexandra studierte Englische Sprachwissenschaft (mit einem der Schwerpunkte Altenglisch), Anglistik und Ägyptologie und ist an der Uni Mainz am Englischen Seminar tätig.
Warum studiert jemand Altenglisch? Sie antwortet auf diese Frage: Weil ich Tolkien liebe! Und was hat das mit den Rohirrim zu tun? Altenglisch ist ihre Sprache. Und schon waren wir im Thema richtig drin.

Alt-Englisch ist eigentlich die Sprache der Angeln und Sachsen. Daher gab uns Alexandra erst einen kleinen Überblick über diese:
Britannien war ursprünglich von den Kelten besiedelt. Die Römer drangen nach Britannien ein und unterdrückten die keltische Kultur. Als die Römer begannen sich zurückzuziehen, kamen die Angeln und Sachsen aus Norddeutschland und ein Stamm aus Dänemark per Schiff nach England. Zunächst schien es, dass sie für und mit den Kelten die von Norden eindringenden Schotten und Pikten vertreiben wollten. Ihnen gefiel die Insel jedoch und so wurden sie selbst Besatzer. Die Kelten konnten nur in wenigen Refugien wie Wales und Cornwall ungestört ihre Kultur bewahren. Die Angeln und Sachsen brachte eine Sprache mit: Englisch bzw. Altenglisch. Dabei gab es natürlich verschiedene Dialekte zwischen den Stämme, die sich nie wirklich zu einem Stamm vereinigten, wie wir heute denken, wenn wir das Wort "Angelsachsen" hören.
Noch etwas zu den Angeln und Sachsen: Sie hassten Pferde. Sie ritten kaum und wenn Pferde in Kämpfen eingesetzt wurden, dann in der letzten Reihe, da ihnen misstraut wurde. Für die nordischen Besatzer standen eher die Schiffe im Vordergrund - und in Schlachten das Fußvolk.

Was hat das alles dem Herrn der Ringe und den Pferdeherren zu tun?

Zunächst eine Feststellung, die von Tolkien selbst stammt: Der Herr der Ringe ist keine Allegorie, d.h. die Rohirrim stehen nicht für Angeln und Sachsen. Vielleicht wurde Tolkien aber durch diese zwei Stämme inspiriert, die Rohirrim zu "designen". Dies wollte uns Alexandra an einigen Gemeinsamkeiten demonstrieren.

Hier sind die Parallelen:
- Ansiedlung
- Sprache und Namen

Die Rohirrim leben nördlich von Gondor. Jedoch ist dies nicht ihre angestammte Heimat. Sie bekamen das Land von den Herrschern von Gondor geschenkt. Dort lebte außer ein paar "Eingeborenen" (den Dunländern) niemand. Ähnlich war es bei den Angeln und Sachsen. Britannien war von den Römern fast verlassen und nur ein paar "Eingeborene" (die Kelten) gab es dort.

Die Sprache: Altenglisch. Alexandra erklärt es so, warum Tolkien diese auswählte: Er brauchte für dieses Volk eine alte Sprache, die es gab, bevor Westron aufkam, aber mit diesem verwandt ist. Und hier ist die Parallele offensichtlich.

Bei den Namen gibt es viele Gemeinsamkeiten. Bei altenglischen Namen und denen der Rohirrim handelt es sich um "telling names", also "sprechende Namen". Es gibt zum Beispiel viele, die so etwas wie Herrscher oder König bedeuten. Dazu zählen Théoden und Éorl. Außerdem bewies Tolkien bei der Namensgebung einiger Rohirrim Humor: "Gamling The Old" ist ein kleiner Witz, da Gamling bereits "der Alte" bedeutet. Háma ebenso: "Der, der zu Hause ist". "Na klar, er war ja Torwächter", brachte Alexandra als Beispiele vor.
Übrigens: Rohan ist ein Wort, welches Gondor den Menschen auf Pferden gab. Dieses Volk nennt sich selbst Éorlingas (Kinder von Éorl). "Dieses Suffix "-ing" ist ein Patronymikon, das es auch im Altenglischen gibt und das soviel wie "Abstammung von" bedeutet", erklärt Alexandra. Sie ergänzt noch, dass den Angelsachsen und den Rohirrim sicherlich ihre Namensbedeutung noch viel klarer war als uns heute.
Obwohl es die aufgezählten Gemeinsamkeiten gibt, betont Alexandra nochmals: Die Rohirrim sind nicht die Angelsachsen. Sie sind vielleicht nur von ihnen inspiriert.


Das angelsächsische England

Zum Schluss noch etwas zur Filmmusik. Alexandra fragte das Auditorium, wo denn Altenglisch auf dem Soundtrack zu hören sei. Ob wir es nicht merken würden, wenn wir Altenglisch hören würden? Zartes Gelächter im Publikum. Die Antwort heißt: Wo sind Reiter und Ross? Sie spielte uns eine Aufnahme vor, wo Tolkien selbst diesen Text auf Englisch vorliest. Dabei erklärte sie auch einige Besonderheiten dieser Reimstruktur. Anschließend zeigte sie uns, dass die Macher des Soundtracks diese Textpassage ins Altenglische übersetzt haben, inkl. Reimschema. Also, wenn ihr das nächste Mal den Soundtrack von The Two Towers hört, spitzt die Ohren. Vielleicht entdeckt ihr die Stelle.

Hier ist der Original-Text (Danke, Alexandra!):

"Where now the horse and the rider? Where is the horn that was blowing?
Where is the helm and the hauberk, and the bright hair flowing?
Where is the hand on the harpstring, and the red fire glowing?
Where is the spring and the harvest and the tall corn growing?
They have passed like rain on the mountain, like a wind in the meadow;
The days have gone down in the West behind the hills into shadow.
Who shall gather the smoke of the dead wood burning,
Or behold the flowing years from the Sea returning?
Thus spoke a forgotten poet long ago in Rohan, recalling how tall and fair was Eorl the Young, who rode down out of the North; and there were wings upon the feet of his steed, Felaróf, father of horses. So men still sing in the evening." LotR 497

From the Film Soundtrack of The Two Towers
Words by J.R.R. Tolkien, translated into Old English (Rohirric) by David Salo

Hwær cwóm helm? Hwær cwóm byrne?
Hwær cwóm feax flówende?
Hwær cwóm hand on hearpestrenge?
Hwær cwóm scir fýr scinende?
Hwær cwóm lencten and hærfest?
Hwær cwóm héah corn weaxende?
Hwá gegaderath wuduréc of
wealdholte byrnende?
Oððe gesiehth of gársecge
ðá géar gewendende?

Zusammenfassend kann ich folgendes sagen: Es war ein Genuss dieser jungen Frau mit ihrem akzentfreien Englisch eine Stunde lang zu lauschen, die ihren Vortrag spannend gestaltete und mit viel Witz und Charme rüberbrachte. Ich habe viel über die Geschichte Englands und Rohans erfahren.



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